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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 07.07.2003
Aktenzeichen: 10 TaBV 85/03
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG
Vorschriften:
ArbGG § 98 | |
BetrVG § 111 |
Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Beschluss
Verkündet am: 07.07.2003
In dem Beschlussverfahren
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm aufgrund der mündlichen Anhörung vom 07.07.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schierbaum beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 05.05.2003 - 4 BV 29/03 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
A
Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.
Der Arbeitgeber produziert in seinem Betrieb Bäckereimaschinen und beschäftigt ca. 200 Mitarbeiter.
Antragsteller ist der im Betrieb des Arbeitgebers gewählte Betriebsrat, der aus neun Personen besteht.
Mit Schreiben vom 02.07.2002 (Bl. 10 ff.d.A.) wandte sich der Arbeitgeber wegen eines Auftragseinbruchs an den Betriebsrat und übermittelte diesem einen Maßnahmenkatalog zur Stellungnahme. Im letzten Absatz dieses Maßnahmenkatalogs heißt es:
"Der verbleibende Einsparungsbetrag von 500 TEUR für 2002 muß durch Freisetzung von Mitarbeitern erfolgen. Diese Maßnahme muß in 2002 eingeleitet werden, um in 2003 voll ergebniswirksam zu werden, damit ab dem 1.1.2003 die Regelarbeitszeit wieder auf 35 Stunden erhöht werden kann.
Laut Einschätzung der Geschäftsführung kann diese Maßnahme nur durch Schließung ganzer Abteilungen umgesetzt werden, die derzeit nicht mehr rentabel arbeiten. Konkrete Vorschläge zur Umsetzung dieser Maßnahme werden in den kommenden 14 Tagen erarbeitet werden."
Die Beteiligten schlossen daraufhin unter dem 25.09.2002 eine Betriebsvereinbarung (Bl. 93 ff.d.A.), deren Ziel es war, betriebsbedingte Entlassungen und die Stilllegung von Betriebs-abteilungen zu vermeiden. Diese Betriebsvereinbarung wurde zunächst für den Zeitraum vom 01.10.2002 bis zum 31.12.2002 abgeschlossen, sie wurde jedoch durch Betriebsvereinba-rung vom 05.11.2002 (Bl. 96 d.A.) wegen vorteilhafter Umsatzentwicklung für den gesamten Monat November 2002 ausgesetzt.
In der Zeit von November 2002 bis zum 31.12.2002 schieden 11 der seinerzeit 209 beschäftigten Arbeitnehmer des Arbeitgebers aufgrund Eintritts in den Ruhestand, Aufhebungsvertrag, Eigenkündigung und Kündigung des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Am 15.01.2003 teilte der Geschäftsführer des Arbeitgebers dem Betriebsrat mit, dass die Abteilungen Nassschleiferei, Trockenschleiferei, Spachtelei, Schweißerei, Bohrwerk und Schmiede geschlossen werden müssten, es müsse weitere 18 Entlassungen geben.
Mit Schreiben vom 12.03.2003 (Bl. 97 d.A.) wurde der Personalleiter des Arbeitgebers durch die Geschäftsführung angewiesen, arbeitsrechtliche Schritte zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse in den zu schließenden Abteilungen einzuleiten.
Daraufhin erhielt der Betriebsrat am 19.03.2003 schriftliche Anhörungen zu 13 beabsichtigten Kündigungen (Bl. 19 ff.d.A.), die inzwischen ausgesprochen wurden.
Durch die Schließung von Abteilungen waren auch zwei Mitarbeiter betroffen, denen wegen ihrer Mitgliedschaft im Betriebsrat nicht gekündigt werden konnte, diese Mitarbeiter wurden versetzt.
Mit Schreiben vom 26.03.2003 (Bl. 56 ff.d.A.) forderte der Betriebsrat den Arbeitgeber auf, Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan wegen einer Betriebsänderung aufzunehmen. Dies wurde mit Schreiben des Arbeitgebers vom 28.03.2003 (Bl. 59 d.A.) abgelehnt.
Mit dem am 11.04.2003 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat daraufhin die Einrichtung einer Einigungsstelle geltend.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, es liege eine Betriebseinschränkung im Sinne des § 111 Nr. 1 BetrVG vor. Die Leistungsfähigkeit des Betriebes werde durch die Schließung von zahlreichen Abteilungen und teilweise Fremdvergabe an Drittfirmen herabgesetzt. Darüber hinaus stelle allein der reine Personalabbau eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung dar. Im Jahre 2002 seien 11 Arbeitsplätze abgebaut worden. Nunmehr seien 13 Kündigungen ausgesprochen worden. Zwei weitere Mitarbeiter seien von einer Versetzung betroffen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
1. den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hamm Peter Schmidt zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle im Betrieb der Arbeitgeberin zum Thema Interessenausgleich/Sozialplan wegen Betriebsänderung zu bestimmen,
2. die Zahl der Beisitzer der Einigungsstelle für jede Seite auf drei Personen festzusetzen.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
1. die Anträge zurückzuweisen,
2. festzustellen, dass die Einigungsstelle für die Errichtung eines Interessenausgleichs/Sozialplans wegen der mit dem Antrag auf Einsetzung der Einigungsstelle vom 10.04.2003 behaupteten Betriebsänderung nicht zuständig ist.
Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig, da die Maßnahmen des Jahres 2003 nicht das Gewicht einer Betriebseinschränkung erreichten. In den zu schließenden Abteilungen würden reine Nebenarbeiten durchgeführt, die für den betrieblichen Ablauf des Arbeitgebers als Maschinenfabrik ohne Bedeutung seien.
Die Ende des Jahres 2002 getroffenen personellen Maßnahmen seien durch die Betriebsvereinbarung vom 25.09.2002 erledigt. Erst im Januar 2003 hätte es neue Planungen über die Schließung einzelner Abteilungen gegeben.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Widerantrag zurückzuweisen.
Durch Beschluss vom 05.05.2003 hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrates im Wesentlichen stattgegeben und die geforderte Einigungsstelle antragsgemäß eingerichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig sei, weil es um die Schließung von mindestens fünf Abteilungen gehe und der Wegfall von Arbeitsplätzen im zweiten Halbjahr 2002 und Anfang 2003 - einschließlich der beiden Betriebsratsmitglieder - 26 Arbeitnehmer betreffe, damit sei die Größenordnung des § 17 KSchG erreicht. Die Anzahl der Beisitzer hat das Arbeitsgericht für jede Seite auf zwei festgelegt und den darüber hinaus gehenden Antrag des Betriebsrates zurückgewiesen. Ferner hat es den Widerantrag des Arbeitgebers als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen den dem Arbeitgeber am 15.05.2003 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Arbeitgeber am 22.05.2003 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.
Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ist der Arbeitgeber nach wie vor der Auffassung, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Das Ausscheiden der Mitarbeiter im zweiten Halbjahr des Jahres 2002 stehe in keinem Zusammenhang mit der im Jahre 2003 getroffenen unternehmerischen Entscheidung. Ferner könnten die aufgrund Eigenkündigung oder wegen Rentenbezugs ausgeschiedenen Mitarbeiter bei der Ermittlung der insgesamt entlassenen Arbeitnehmer nicht mitgerechnet werden. Schließlich seien im Betrieb des Arbeitgebers keine wesentlichen Abteilungen geschlossen worden.
Aus alledem folge, dass die Einigungsstelle unzuständig sei. Der Widerantrag sei deshalb auch nicht unzulässig.
Der Arbeitgeber beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 05.05.2003 zum Aktenzeichen 4 BV 29/03 abzuändern und
1. den Antrag des Betriebsrats zurückzuweisen,
2. festzustellen, dass die Einigungsstelle für die Errichtung eines Interessenausgleichs/Sozialplanes wegen der mit dem Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle vom 10.04.2003 behaupteten Betriebsänderung nicht zuständig ist.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist der Auffassung, bei dem Maßnahmekatalog vom 02.07.2002 handele es sich um eine einheitliche unternehmerische Entscheidung. Mit zutreffenden Gründen habe das Arbeitsgericht auch den Widerantrag des Arbeitgebers abgewiesen.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
B
Die zulässige Beschwerde des Arbeitgebers ist unbegründet.
I
Zu Recht hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrates stattgegeben und die begehrte Einigungsstelle eingerichtet.
1. Gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ArbGG kann ein Antrag auf Bestellung eines Eini-gungsstellenvorsitzenden und auf Festsetzung der Zahl der Beisitzer wegen fehlender Zu-ständigkeit der Einigungsstelle nur dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungs-recht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichts-punkt in Frage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Be-triebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsver-fassungsgesetzes subsumieren lässt (LAG Berlin, Beschluss v. 18.02.1980 - AP Nr. 1 zu § 98 ArbGG 1979; LAG Hamburg, Beschluss v. 07.03.1985 - NZA 1985, 604 = DB 1985, 1798; LAG Hamm, Beschluss v. 16.04.1986 - BB 1986, 1359; LAG Niedersachsen, Be-schluss v. 30.09.1988 - NZA 1989, 149; LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 07.08.1995 - NZA-RR 1996, 53; LAG Düsseldorf, Beschluss v. 10.02.1997 - NZA-RR 1998, 319; LAG Köln, Beschluss v. 13.01.1998 - AP Nr. 9 zu § 98 ArbGG 1979 = NZA 1998, 1018; LAG Berlin, Beschluss v. 22.06.1998 - NZA-RR 1999, 34; LAG Köln, Beschluss v. 19.08.1998 - AP Nr. 10 zu § 98 ArbGG 1979; LAG Köln, Beschluss v. 01.03.2001 - AP Nr. 11 zu § 98 ArbGG 1979; LAG Köln, Beschluss v. 05.12.2001 - NZA-RR 2002, 586; Germelmann/Matthes/Prütting /Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 98 Rz. 11 m.w.N.).
2. Zu Recht ist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass die einzurichtende Einigungsstelle jedenfalls nicht offensichtlich unzuständig ist. Nach dem Vorbringen der Beteiligten kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der Schließung mehrerer Abteilungen des Betriebes des Arbeitgebers und in der beabsichtigten Entlassung von Mitarbeitern des Arbeitgebers eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG liegt.
Als Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 1 BetrVG gilt auch eine Einschränkung eines Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen, § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG. Eine derartige Betriebseinschränkung nimmt der Arbeitgeber durch die Schließung zahlreicher Abteilungen vor. Ob es sich dabei um wesentliche Betriebsteile handelt, ist zwar zwischen den Beteiligten streitig. Dies wird aber die Einigungsstelle in eigener Zuständigkeit überprüfen müssen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine Betriebseinschränkung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG auch in einem bloßen Personalabbau bestehen. Eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG liegt aber nur dann vor, wenn eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist. Richtschnur dafür, wann erhebliche Teile der Belegschaft betroffen sind, sind die Zahlen und Prozentangaben in § 17 KSchG (BAG, Beschluss vom 06.12.1988 - AP Nr. 26 zu § 111 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 10.12.1996 - AP Nr. 32 zu § 113 BetrVG; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 111 Rz. 74 m.w.N.).
Das Arbeitsgericht ist insoweit zutreffend davon ausgegangen, dass von der Betriebseinschränkung, die der Arbeitgeber Ende des Jahres 2002 und Anfang des Jahres 2003 geplant hat, einschließlich der beiden versetzten Betriebsratsmitglieder, 26 Arbeitnehmer betroffen waren. Damit ist die Größenordnung des § 17 KSchG erreicht.
Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers waren bei der Anzahl der vom Personalabbau betroffenen Arbeitnehmer auch diejenigen Arbeitnehmer zu berücksichtigen, die Ende des Jahres 2002 im Betrieb des Arbeitgebers entlassen worden sind. Die Frist von 30 Kalendertagen des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG gilt im Rahmen der Überprüfung der Zahl der betroffenen Arbeitnehmer nämlich nicht (BAG, Beschluss vom 22.05.1979 - AP Nr. 3 zu § 111 BetrVG 1972; Fitting, a.a.O., § 111 Rz. 48). Entscheidend ist die Gesamtzahl derjenigen Arbeitnehmer, die voraussichtlich, auch wenn Entlassungen in mehreren Wellen erfolgen, betroffen sein wird; dabei kann es auch um einen Zeitraum von mehreren Monaten gehen. Maßgebend ist vielmehr, wie viel Arbeitnehmer von einer geplanten Maßnahme des Unternehmens insgesamt betroffen werden. Liegt zwischen mehreren "Wellen" von Personalmaßnahmen nur ein Zeitraum von wenigen Wochen oder Monaten, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Maßnahmen auf eine einheitlichen unternehmerischen Planung beruhen. Der Unternehmer, der das Vorliegen einer Betriebsänderung bestreitet, muss dann im Einzelnen darlegen und beweisen, dass eine neue, von Anfang an nicht vorhersehbare Situation ihn zu weiteren Maßnahmen gezwungen hat, die ursprünglich nicht geplant gewesen sind (BAG, Beschluss vom 06.06.1978 - AP Nr. 2 zu § 111 BetrVG 1972; LAG Thüringen, Beschluss vom 22.07.1998 - NZA-RR 1999, 309; Fitting, a.a.O., § 111 Rz. 48; Hanau/Kania, ErfK, 3. Aufl., § 111 BetrVG Rz. 8 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann auch nach dem Vorbringen des Arbeitgebers nicht davon ausgegangen werden, dass die Einigungsstelle insoweit offensichtlich unzuständig ist. Der Zeitraum zwischen den hier betroffenen Personalmaßnahmen ist verhältnismäßig kurz. Richtig ist zwar, dass die Betriebsvereinbarung vom 25.09.2002 einen Zeitraum vom 01.10.2002 bis zum 31.12.2002 betraf. Ziffer 12 der Betriebsvereinbarung vom 25.09.2002 sah jedoch schon ausdrücklich vor, dass die Betriebsvereinbarung von beiden Seiten ausdrücklich verlängert werden kann. Ferner hatten die Beteiligten in Ziffer 12 der Betriebsvereinbarung auch vereinbart, dass Geschäftsleitung und Betriebsrat sich in der 47. Kalenderwoche zusammensetzen sollten, um sich mit dem Ergebnis der Vereinbarung zu beschäftigen und gemeinsam zu entscheiden, wie weiter verfahren werden sollte. Bereits hieraus ergibt sich, dass auch nach Ablauf der Betriebsvereinbarung vom 25.09.2002 weitere Maßnahmen erforderlich werden könnten. Darüber hinaus zeigt der ursprüngliche Maßnahmenkatalog vom 02.07.2002, dass eine einheitliche unternehmerische Entscheidung getroffen worden war, die noch umgesetzt werden musste.
Auch die Beschwerdekammer konnte unter Berücksichtigung der Ende des Jahres 2002 entlassenen Arbeitnehmer nicht offensichtlich davon ausgehen, dass weniger als 10 % der Belegschaft entlassen worden ist. Bei der Personalreduzierung aus betrieblichen Gründen kommt es nämlich auf den wahren Auflösungsgrund an, nicht auf die Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Erforderlich ist lediglich ein vom Arbeitgeber veranlasstes Ausscheiden aus dem Betrieb. Danach sind - jedenfalls im Rahmen einer Offensichtlichkeitsprüfung - nicht nur diejenigen Arbeitnehmer zu berücksichtigen, deren Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen vom Arbeitgeber gekündigt werden soll, sondern auch diejenigen, die aufgrund von Aufhebungsverträgen ausscheiden sollen. Weiter zählen auch diejenigen Arbeitnehmer mit, die auf Veranlassung des Arbeitgebers ihr Arbeitsverhältnis selbst kündigen (Fitting, a.a.O., § 111 BetrVG Rz. 78 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Ob die Ende des Jahres 2002 ausgesprochenen Eigenkündigungen von Mitarbeitern des Arbeitgebers und/oder die abgeschlossenen Aufhebungsverträge vom Arbeitgeber veranlasst worden sind, wird die Einigungsstelle im Rahmen ihrer Zuständigkeitsprüfung im Einzelnen selbst zu überprüfen haben. Darüber hinaus wird auch die Frage, ob bei einem Personalabbau im Sinne des § 111 BetrVG nur diejenigen Arbeitnehmer mitzählen, die für eine betriebsbedingte Kündigung vorgesehen sind (so BAG, Beschluss vom 02.08.1983 - AP Nr. 12 zu § 111 BetrVG 1972) oder ob auch diejenigen Arbeitnehmer mitzählen, die infolge natürlicher Fluktuation, z.B. wegen Erreichens der Altersgrenze oder wegen Fristablaufs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden (so Fitting, a.a.O., § 111 Rz. 80), von der Einigungsstelle in eigener Zuständigkeit überprüft werden müssen.
3. Gegen die Person des vom Arbeitsgericht eingesetzten Einigungsstellenvorsitzenden bestehen keine Bedenken. Bei dem vom Arbeitsgericht bestellten Vorsitzenden handelt es sich um einen fachkundigen und fähigen Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit, der auch über weitreichende Erfahrungen als Einigungsstellenvorsitzender verfügt.
Die Zahl der vom Arbeitsgericht festgesetzten Beisitzer je Seite ist in der Beschwerdeinstanz von den Beteiligten nicht mehr streitig. Sie entspricht der Regelbesetzung einer Einigungsstelle (LAG Hamm, Beschluss vom 08.04.1987 - NZA 1988, 210; LAG München, Beschluss vom 15.07.1991 - NZA 1992, 185; LAG Frankfurt, Beschluss vom 29.09.1992 - NZA 1993, 1008; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.02.1997 - DB 1997, 832; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., § 98 Rz. 31; Eisemann, ErfK, § 98 ArbGG Rz. 6 m.w.N.).
II
Das Arbeitsgericht hat schließlich den Widerantrag des Arbeitgebers zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Der Streit zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat über die Zuständigkeit einer einzurichtenden Einigungsstelle muss im Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 ff. ArbGG ausgetragen werden. Dieses Beschlussverfahren ist vom Verfahren zur Entscheidung über die Besetzung einer Einigungsstelle nach § 98 Abs. 1 ArbGG zu unterscheiden. Das Einigungsstellenbesetzungsverfahren nach § 98 ArbGG ist ein Beschlussverfahren der besonderen Art. Bereits das Arbeitsgericht hat darauf hingewiesen, dass in diesem Verfahren der Vorsitzende zur Alleinentscheidung berufen ist. Daher ist kein Raum für Anträge, die im Beschlussverfahren nach den §§ 80 ff. ArbGG von der Kammer zu entscheiden sind. Vielmehr handelt es sich bei dem Bestellverfahren nach § 98 ArbGG um eine Verfahrensart, die besonders zu beschleunigen ist. Dies ergibt sich schon aus den verkürzten Einlassungs- und Ladungsfristen nach § 98 Abs. 1 Satz 4 ArbGG, aus der eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit und aus den verkürzten Zustell- und Beschwerdefristen, § 98 Abs. 1 Satz 6 und § 98 Abs. 2 ArbGG. Das Verfahren ist darauf angelegt, den Betriebspartnern im Bedarfsfalle beim Auftreten von Meinungsver-schiedenheiten möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen. Dieses Ziel könnte nicht erreicht, wenn in dem Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG die oft schwierige Rechtsfrage mitentschieden werden müsste, ob ein die Zuständigkeit der Einigungsstelle begründeter gesetzlicher Mitbestimmungstatbestand vorliegt. Das Bestellverfahren muss unkompliziert sein und darf nicht mit einer zeitraubenden Prüfung schwieriger Tatsachen- oder Rechtsfragen belastet sein, wenn es seinen Zweck erfüllen soll (BAG, Beschluss vom 24.11.1981 - AP Nr. 11 zu § 76 BetrVG 1972; LAG München, Beschluss vom 13.03.1986 - LAGE § 98 ArbGG 1979 Nr. 10; LAG Hamm, Beschluss vom 02.06.1992 - LAGE § 76 BetrVG 1972 Nr. 40; Eisemann, ErfK, § 98 ArbGG Rz. 4; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., § 98 Rz. 14; vgl. auch: Kreutz, GK-BetrVG, 7. Aufl., § 76 Rz. 64).
Ob die Einigungsstelle tatsächlich zuständig ist, muss danach einer Entscheidung in dem vom Arbeitgeber anhängig gemachten Verfahren 4 BV 39/03 Arbeitsgericht Bielefeld vorbehalten bleiben.
Ende der Entscheidung
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